Samstag, 25. April 2015

Jetzt wird die Braut gekauft!

Jaja, ihr habt schon richtig gelesen: die Braut wird gekauft!
Ich dachte immer es wäre ein Scherz, als mich verschiedenste Männer auf der Straße fragten, für wie viele Kühe / Kamele / Esel / was auch immer ich sie denn heiraten würde oder wenn Dada spaßig überlegte, wie viel er für mich verlangen könne, um seine Finanzen ein bisschen aufzustocken.  
Dass hinter dem Spaß richtige, noch praktizierte Tradition steckt, hätte ich nicht gedacht. Doch genau das erfuhr ich vor zwei Wochen, als der Spaß zur Realität wurde.
Aber keine Angst, bei der ganzen Geschichte handelt es sich glücklicher Weise nicht um mich, sondern um meinen zweitältesten Gastbruder. Dieser wird nämlich im Mai seine Freundin Sarah heiraten.

Bevor man heiratet, müssen beide Familien zustimmen. Es ist auch nicht selten, dass die Familien sich die künftigen Schwiegersöhne oder Schwiegertöchter selbst heraus suchen, sodass das eigentliche Paar gar nicht viel zu sagen hat. Die Eheschließung wird nämlich, gerade hier im Norden, wo die Leute generell ärmer sind, eher aus Zweck, anstatt aus Liebe, geschlossen. Ich glaube auch, dass einige einfach aus gesellschaftlichen Druck heiraten. Dass man später eine Frau hat und Kinder bekommt, ist so gut wie selbstverständlich und wird deswegen auch von jedem erwartet. Eine Familie gibt einfach Sicherheit und Rückhalt. Der Mann braucht jemand, der für ihn kocht, die Frau jemanden, der das Geld verdient. Das ist jetzt sehr konservativ geschrieben, aber ich glaube, der Grundgedanke ist immer noch der gleiche. Natürlich arbeiten so gut wie alle Frauen in Ghana, aber dennoch ist es auch ihre Aufgabe zu putzen und zu kochen, sowie sich um die Kinder zu kümmern. Ein Mann der kocht? Hier in Ghana? Sowas habe ich ehrlich gesagt noch nicht gesehen. Selbst Henri wurde es schon "verboten" beim Kochen mitzuhelfen, da er ja ein Mann sei und das sich nicht gehöre.

Aber kommen wir wieder zu dem Brautpreis, der für Sarah gezahlt wurde, zurück. Das Ganze lief folgendermaßen ab:
Es startete, wie immer bei großen Anlässen, mit einem Gebet im Rahmen der engsten Familie plus deren Freunde. Danach ging es auf zu Sarahs Familie. Dort standen schon Stühle für uns bereit, auf denen wir Platz nehmen sollten. Wir bekamen jeder ein Wasser und hatten erstmal Zeit und von der wirklich anstrengenden Reise (ca. 5 Minuten mit dem Auto) auszuruhen. Als ich meinen Blick über die Runde schweifen lies, viel mir auf, dass ich die einzige Frau war. Ich fühlte mich schon leicht fehl am Platz, als zum Glück noch zwei weitere Frauen kamen, die sehr schick angezogen waren. Trotzdem glaube ich, dass diese Zeremonie eher Männersache ist und die Frauen (mal wieder) außen vor gelassen werden. 
Nach kurzer Zeit wurden wir durch den Hof in ein kleines Zimmer geführt, das gerade noch so Platz für alle Angehörigen bot. Und dann ging es auch schon los: ein Sack mit Muscheln wurde ausgeschüttet und nun zu kleinen Häufchen zusammen gezählt. Was es damit auf sich hatte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht und war dementsprechend ein kleines bisschen verwirrt. Doch später wurde es mir dann erklärt, sodass ich jetzt bescheid weiß. Bei den Muscheln handelt es sich um so genanntes Kaurigeld, also um vormünzliches Geld. Der Name kommt ganz einfach daher, weil die Muscheln aus dem Gehäuse der Kaurischnecken bestehen. Mittlerweile wurden zwar die Kaurimuscheln durch andere Zahlungsmittel ersetzt, was aber die Ghanaer nicht davon abhält von ihnen trotzdem noch gelegentlich traditionell oder rituell Gebrauch zu machen.
Im Falle unseres Brautpreises bekam Sarahs Familie 1000 dieser Kaurimuscheln, was einem Wert von ca 80GHC entspricht. Aber das war noch lange nicht alles, denn nach ein bisschen Diskutieren lagen letztendlich neben den Muscheln noch 1500GHC auf dem Boden. Eine echt hohe Geldsumme für die Leute hier!
Die ganze Zeremonie dauerte gar nicht so lange, vielleicht eine halbe Stunde. Danach ging es wieder ins Auto und ab zu Sarahs Haus. Dort bekamen wir ein echt leckeres Essen, bevor es wieder nach Hause ging. Angekommen wartete aber schon das nächste Mahl auf uns, da es hier Brauch ist, dass bei beiden Familien des künftigen Paares gegessen werden muss. Zum Glück waren aber auch die Waisenkinder zugegen, denen wir unser Essen abgeben durften. Somit waren alle zufrieden.

Das Zählen der Kaurimuscheln

Alles in allem ca 395€ für die Braut,
was ziemlich viel Geld für die hiesigen Verhältnisse ist.

leeeckeres Essen 


Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass diese Geldgabe nicht ausschließlich als Preis für die Braut zu verstehen ist. Es symbolisiert auch die Dankbarkeit des Mannes gegenüber der Familie der zukünftigen Frau, da diese ja eine so schöne und liebevolle Tochter zur Welt gebracht haben.
Für mich heißt es jetzt nur noch den Mai abwarten und schon werde ich meine erste ghanaische Hochzeit erleben! :)

Doch bis dahin werde ich auch noch in die Volta-Region reisen, da seit vorgestern die Ferien angefangen haben. Zusammen mit den anderen Freiwilligen von meiner Organisation wird es Anfang nächster Woche losgehen.
Und letztes Wochenende war ich mit Henri in Lawra, einer kleinen Stadt 30 Minuten von Jirapa entfernt. Außer, dass es dort fließendes Wasser gab, war es aber nicht groß anders als hier. 

Ein paar Bilder zum Schluss,
bevor ich gehen muss:
(mein dichterisches Talent wird wirklich immer besser, findet ihr nicht auch???)

after chruch
Zimmer in Lawra
Im Waisenhaus mit dem unfassbar süüüüßen Kinsly <3
Esthi & me
Jessi & me
Der nächste Post wird dann wahrscheinlich über meinen Urlaub sein.
See u,

xoxo
Ama :)

Mittwoch, 8. April 2015

REGEN!!!

Ja, ihr lest richtig: Regen! Für euch bestimmt nichts besonderes, aber für mich in Ghana schon! Gestern hat es das erste Mal seit Anfang November wieder richtig geregnet, und das dann auch gleich den ganzen Tag über. Die ewig heiße und dürre Trockenzeit nimmt also langsam ihr Ende. Das ist auch gut so, denn seit meinem Urlaub an der Küste ist es wieder richtig, richtig heiß hier, sodass man entweder drinnen ist oder sich im Schatten aufhält. Außerdem wird der Speiseplan in der Regenzeit abwechslungsreicher, da die Farmarbeit beginnt und man die verschiedensten Pflanzen wieder anbauen kann.
Leider sind durch den Regen viele Mücken geschlüpft, somit muss ich wohl doch mein Moskitonetz und die Malariaprophylaxe wieder auspacken. Bis zum wirklichen Beginn der Regenzeit wird es zwar noch ein paar Monate dauern (und wahrscheinlich auch ein paar Wochen, ehe es nochmals regnet), aber lieber ein bisschen vorsichtig genug sein, als nochmal Malaria zu bekommen (Jaja, das hört sich jetzt alles sehr vorbildlich an, nur wird es, wie ich mich kenne, in der Umsetzung nicht ganz so gut klappen ^^).
Noch zu erwähnen ist, dass jetzt mittlerweile schon seit fast drei Wochen Wasserausfall ist. So lange war das noch nie der Fall und ich sehne schon den Tag entgegen, an dem das Wasser wieder fließt. So muss ich nämlich immer, wenn meine Wassertonne leer ist, zwischen 5AM - 6:45AM aufstehen, mit meinem Eimer zur Pipe im Hof laufen, den Eimer füllen und ihn wieder herein tragen -und das, bis die Tonne voll ist. Das Problem ist nur, dass morgens alle Wasser haben wollen und da das auch die einzige Zeit ist, in der das Wasser fließt, muss man sich regelrecht anstellen, um was abzubekommen. Also wie ihr seht, es gibt bei weitem bessere Morgenbeschäftigungen (wie zum Beispiel schlafen!).

Letztes Wochenende wurde auch hier Ostern gefeiert -allerdings ohne Osterhasen oder Ostereiersuchen. Dafür gab es jeden Tag zwei Gottesdienste in der Kirche, die je drei Stunden andauerten. Für mich als Unreligiöse nicht so der beste Zeitvertreib :D
Des Weiteren haben wir auch einen anderen Pastor aus Upper East zu Besuch, der durch seine direkten Fragen leider auch herausgefunden hat, dass Henri und ich keine Christen sind. Das hat er natürlich gleich Mama erzählt und somit würde es mich nicht sonderlich verwundern, wenn es nun gesamt Jirapa weiß. :D Naja, auf jeden Fall gab es nun schon mehrere Gespräche, in denen uns das Christentum nahe gelegt wurde. Ich habe ja auch nichts dagegen darüber zu diskutieren, ganz im Gegenteil, aber wenn man noch nicht mal etwas von der Evolutionstheorie gehört hat und nur drüber lacht, wenn man es erklärt bekommt, dann weiß ich auch nicht... Trotzdem finde ich die Gespräche ganz interessant, denn der Glaube hier ist irgendwie anderes als der der in Deutschland. Zum Beispiel habe ich letztens mit Esther draußen geschlafen (drinnen war es einfach zu heiß), bis sie mich mitten in der Nacht weckte und unbedingt rein wollte. Am nächsten Tag sprach ich sie dann darauf an und da meinte sie, dass sie geträumt hätte, dass Witches in der Nähe wären. Laut dem Glauben sehen Hexen wie ganz normale Menschen aus, nur unterscheiden sie sich dadurch, dass sie nachts nicht schlafen, sondern umher gehen und Leute töten sollen. Und als dann in dieser Nacht auch noch die Hunde anfingen zu bellen, war für Esther die Sache klar und sie wollte nur noch weg.
Ob Christentum, Islam oder Naturreligion -ich habe in Ghana noch keinen Menschen getroffen, der nicht religiös ist.

Doch nun genug zu diesem Thema, auch wenn man da noch ganz viel drüber schreiben könnte, aber ich will euch ja auch kurz vom Waisenhaus berichten.
Diese Woche ist repetition-week, da nächste Woche die Examen anfangen. Also heißt es wieder fleißig lernen, lernen, lernen.
Des Weiteren habe ich zusammen mit den Kindern eine Liste von Regeln aufgestellt, die groß in die Eingangshalle gehängt wurden. Und siehe da, gerade die Jungs, die gerne mal die kleineren Mädchen ärgern, haben am besten mitgearbeitet. Nachdem sie einsehen mussten, dass sie mit ihren ersten Regelversuchen wie „Respect the boys“ oder „The girls have to wash the boys-clothes“ (ich musste mir echt das Lachen verkneifen, als sie mir mit ihrem verschmitzten Lächeln diese Entwürfe zeigten) nicht weit kamen, arbeiteten sie ernsthaft mit und hatten auch Einfälle, an die ich gar nicht gedacht hätte.
Durch ein Aufkleber-System wird sicher gestellt, dass die Regeln auch eingehalten werden. Direkt neben den Regeln steht nämlich eine Liste, in der jedes der 20 Kinder ihre eigene Spalte, versehen mit den jeweiligen Namen, hat. Werden die Regeln für eine Woche gut befolgt, so bekommt dass entsprechende Kind ein Aufkleber unter seinem Namen. Jeden Montag hat man so die Chance auf einen Sticker, allerdings nur, wenn man die Regeln die letzte Woche auch eingehalten hat. Wer vier Aufkleber gesammelt hat, bekommt ein kleines Geschenk, wie beispielsweise einen farbigen Stift oder einen Schlüsselanhänger. Diese Idee kam sehr gut an und letzte Woche konnte ich auch unter jeden Namen einen Smilie kleben.


Auf Nr. 9, 10 & 11 wäre ich bspw. gar nicht gekommen

Mittlerweile konnte jeder schon einen Aufkleber sammeln

Abiii :)

Leg dich nicht mit Amos an! :D

Esther beim ... Zerstampfen von irgendetwas?

Malen, während andere arbeiten müssen ^.^

Hausaufgaben-check

Topf fürs Kochen sauber machen,
im Hintergrund sieht man übrigens die Schule

Wäsche waschen

Lydias Fotokünste

Ruth & Esther

Es ist also alles noch beim Alten und die Tage vergehen vieeel zu schnell. Achja, im letzten Eintrag habe ich angedeutet, dass ich vielleicht das Jahr in Ghana verlängere. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich doch im August wieder nach Deutschland komme, um zu studieren. Auch das Projekt in Nigeria werde ich (zur Erleichterung meiner Familie^^) nicht machen.
Zur Zeit ist übrigens Mango-season, das heißt es überall leckere Mangos frisch gepflügt vom Baum gibt. Achja, ich hätte es fast vergessen zu erwähnen, weil es für mich schon ganz normal ist, aber die Mangos werden mit Schale gegessen, was auch meiner Meinung nach viel besser schmeckt!

Schöne, sonnige, viel zu heiße Grüße
-eure Ama.