Ich dachte immer es wäre ein Scherz, als mich verschiedenste Männer auf der Straße fragten, für wie viele Kühe / Kamele / Esel / was auch immer ich sie denn heiraten würde oder wenn Dada spaßig überlegte, wie viel er für mich verlangen könne, um seine Finanzen ein bisschen aufzustocken.
Dass hinter dem Spaß richtige, noch praktizierte Tradition steckt, hätte ich nicht gedacht. Doch genau das erfuhr ich vor zwei Wochen, als der Spaß zur Realität wurde.
Aber keine Angst, bei der ganzen Geschichte handelt es sich glücklicher Weise nicht um mich, sondern um meinen zweitältesten Gastbruder. Dieser wird nämlich im Mai seine Freundin Sarah heiraten.
Bevor man heiratet, müssen beide Familien zustimmen. Es ist auch nicht selten, dass die Familien sich die künftigen Schwiegersöhne oder Schwiegertöchter selbst heraus suchen, sodass das eigentliche Paar gar nicht viel zu sagen hat. Die Eheschließung wird nämlich, gerade hier im Norden, wo die Leute generell ärmer sind, eher aus Zweck, anstatt aus Liebe, geschlossen. Ich glaube auch, dass einige einfach aus gesellschaftlichen Druck heiraten. Dass man später eine Frau hat und Kinder bekommt, ist so gut wie selbstverständlich und wird deswegen auch von jedem erwartet. Eine Familie gibt einfach Sicherheit und Rückhalt. Der Mann braucht jemand, der für ihn kocht, die Frau jemanden, der das Geld verdient. Das ist jetzt sehr konservativ geschrieben, aber ich glaube, der Grundgedanke ist immer noch der gleiche. Natürlich arbeiten so gut wie alle Frauen in Ghana, aber dennoch ist es auch ihre Aufgabe zu putzen und zu kochen, sowie sich um die Kinder zu kümmern. Ein Mann der kocht? Hier in Ghana? Sowas habe ich ehrlich gesagt noch nicht gesehen. Selbst Henri wurde es schon "verboten" beim Kochen mitzuhelfen, da er ja ein Mann sei und das sich nicht gehöre.
Aber kommen wir wieder zu dem Brautpreis, der für Sarah gezahlt wurde, zurück. Das Ganze lief folgendermaßen ab:
Es startete, wie immer bei großen Anlässen, mit einem Gebet im Rahmen der engsten Familie plus deren Freunde. Danach ging es auf zu Sarahs Familie. Dort standen schon Stühle für uns bereit, auf denen wir Platz nehmen sollten. Wir bekamen jeder ein Wasser und hatten erstmal Zeit und von der wirklich anstrengenden Reise (ca. 5 Minuten mit dem Auto) auszuruhen. Als ich meinen Blick über die Runde schweifen lies, viel mir auf, dass ich die einzige Frau war. Ich fühlte mich schon leicht fehl am Platz, als zum Glück noch zwei weitere Frauen kamen, die sehr schick angezogen waren. Trotzdem glaube ich, dass diese Zeremonie eher Männersache ist und die Frauen (mal wieder) außen vor gelassen werden.
Nach kurzer Zeit wurden wir durch den Hof in ein kleines Zimmer geführt, das gerade noch so Platz für alle Angehörigen bot. Und dann ging es auch schon los: ein Sack mit Muscheln wurde ausgeschüttet und nun zu kleinen Häufchen zusammen gezählt. Was es damit auf sich hatte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht und war dementsprechend ein kleines bisschen verwirrt. Doch später wurde es mir dann erklärt, sodass ich jetzt bescheid weiß. Bei den Muscheln handelt es sich um so genanntes Kaurigeld, also um vormünzliches Geld. Der Name kommt ganz einfach daher, weil die Muscheln aus dem Gehäuse der Kaurischnecken bestehen. Mittlerweile wurden zwar die Kaurimuscheln durch andere Zahlungsmittel ersetzt, was aber die Ghanaer nicht davon abhält von ihnen trotzdem noch gelegentlich traditionell oder rituell Gebrauch zu machen.
Im Falle unseres Brautpreises bekam Sarahs Familie 1000 dieser Kaurimuscheln, was einem Wert von ca 80GHC entspricht. Aber das war noch lange nicht alles, denn nach ein bisschen Diskutieren lagen letztendlich neben den Muscheln noch 1500GHC auf dem Boden. Eine echt hohe Geldsumme für die Leute hier!
Die ganze Zeremonie dauerte gar nicht so lange, vielleicht eine halbe Stunde. Danach ging es wieder ins Auto und ab zu Sarahs Haus. Dort bekamen wir ein echt leckeres Essen, bevor es wieder nach Hause ging. Angekommen wartete aber schon das nächste Mahl auf uns, da es hier Brauch ist, dass bei beiden Familien des künftigen Paares gegessen werden muss. Zum Glück waren aber auch die Waisenkinder zugegen, denen wir unser Essen abgeben durften. Somit waren alle zufrieden.
Das Zählen der Kaurimuscheln |
Alles in allem ca 395€ für die Braut, was ziemlich viel Geld für die hiesigen Verhältnisse ist. |
leeeckeres Essen |
Zum Schluss möchte ich noch sagen, dass diese Geldgabe nicht ausschließlich als Preis für die Braut zu verstehen ist. Es symbolisiert auch die Dankbarkeit des Mannes gegenüber der Familie der zukünftigen Frau, da diese ja eine so schöne und liebevolle Tochter zur Welt gebracht haben.
Für mich heißt es jetzt nur noch den Mai abwarten und schon werde ich meine erste ghanaische Hochzeit erleben! :)
Doch bis dahin werde ich auch noch in die Volta-Region reisen, da seit vorgestern die Ferien angefangen haben. Zusammen mit den anderen Freiwilligen von meiner Organisation wird es Anfang nächster Woche losgehen.
Und letztes Wochenende war ich mit Henri in Lawra, einer kleinen Stadt 30 Minuten von Jirapa entfernt. Außer, dass es dort fließendes Wasser gab, war es aber nicht groß anders als hier.
Ein paar Bilder zum Schluss,
bevor ich gehen muss:
(mein dichterisches Talent wird wirklich immer besser, findet ihr nicht auch???)
after chruch |
Zimmer in Lawra |
Der nächste Post wird dann wahrscheinlich über meinen Urlaub sein.
See u,
xoxo
Ama :)