Dienstag, 4. August 2015

Die Zeit neigt sich dem Ende...

Ja, es ist so weit. Die Zeit ist um, das Jahr vorbei, der Abschied in greifbarer Nähe. Was soll ich davon halten? Ich weiß es nicht genau. Ich wünschte, ich könnte noch ein bisschen hier bleiben, aber andererseits freue ich mich auch schon ein bisschen auf meinen neuen Lebensabschnitt in Deutschland. Ich freue mich meine Familie und Freunde wiederzusehen, endlich mein Tomate-Mozzarella-Baguette essen zu können und meine NENA-Konzertkarte einzulösen. Aber um das alles erleben zu können, muss ich mich erst von den Menschen hier losreisen. Und das wird verdammt schwer. Von den Waisenkindern habe ich mich schon verabschiedet, das lieft alles am letzten Schultag, also vorigen Donnerstag, ab. Mittlerweile sind die meisten in alle Himmelsrichtungen verstreut, nur nicht in Jirapa. Die, die noch hier sind, möchten aber am Tag meiner Abreise nochmal kommen, um endgültig Tschüss zu sagen. Heute kamen Riza, Julie und Sarah als Überraschungsbesuch, das war echt cool! Außerdem habe ich heute einen Koffer gekauft, denn auf meiner Hinreise nach Ghana ist ja meine zweite Tasche verschollen, die seitdem kein Mensch mehr gesehen hat. Angeblich. Ich habe nicht mal eine Entschädigung von dieser wundervollen Airlin bekommen, das regt mich immer noch auf! Ich hätte das Geld für diesen Koffer viel lieber ins Waisenhaus investiert, aber so... naja. Jetzt habe ich auf jeden Fall neben meiner Kraxe auch einen Rollkoffer. Das Gute daran ist, dass ich schon immer mal so einen Rollkoffer haben wollte (und nie bekommen habe -meine Eltern haben mich lieber mit einer 100kg Kraxe durch die Welt geschickt). Morgen packe ich dann also meine Sachen und am Donnerstag geht's schon los nach Accra. Also erst wieder nach Wa, dort werde ich noch einen Freund treffen, und dann mit dem Nachtbus bei kalten, klimatisierten 20°C und lauter Musik weiter zur Hauptstadt. Angekommen übernachte ich noch ein letztes Mal im Rising Phoenix und bade im Ozean. Ich werde mir auch unbedingt eine Djembe kaufen (big love), die ich hoffentlich ohne große Probleme (notfalls mit ein bisschen Augen bling-bling) als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen darf :D. Und am nächsten Nachmittag bin ich dann schon wieder back in Germany.
Doch davor muss ich mich erstmal noch in Jirapa here von allen Leuten verabschieden, was ich gar nicht so cool finde. Es ist irgendwie komisch zu sagen, dass ich nach Hause gehe, denn hier ist doch jetzt mein zu Hause. In letzter Zeit kommt Jessica immer früh in mein Zimmer und ärgert mich so lange, bis ich aufstehe, weil ihr einfach langweilig ist. Oder Esther, die abends in mein Zimmer kommt und neben mir im Bett beim Quatschen einschläft und wir dann am morgen aufwachen und erstmal lachen müssen, weil in der Nacht immer irgendetwas lustiges passiert. Entweder redet einer im Schlaf (meistens ich) oder der andere fällt fast aus dem Bett (Esthi), aber auf jeden Fall muss ausgewertet werden, wer die Nacht über weniger Platz hatte (ich natürlich!!:D). Hachja, diese zwei girls würde ich am liebsten mit nach Deutschland nehmen. Die sind echt wie zwei Schwestern für mich. Manchmal sind sie so wie meine zwei ganz kleinen Brüder zu Hause in Deutschland, wo man sich ab und zu denkt "orr nein, ich will jetzt einfach mal meine Ruhe", aber eigentlich Spaßen wir fast immer rum oder machen uns über bestimmte Familienmitglieder lustig. Von den Zweien wird es zum Beispiel richtig schwer sich zu verabschieden. Sie haben mir schon angedroht am Donnerstag meine Tür von außen abzuschließen, sodass ich nicht gehen kann.
Jeff, mein Gastbruder, ist immer noch davon überzeugt, dass ich ihn bis Ende meines Jahres heiraten werde. Ich bezweifel das ja ein bisschen, aber Mama hat gestern beim Essen im Hof auch schon ihr Ja-Wort dazu gegeben. Jaja... das wird bestimmt komisch in Deutschland werden, so ganz ohne Heiratsanträge. Generell wird vieles zurück so anders, aber trotzdem vertraut sein.
Es wird zwar bei Weitem nicht mein letzter Afrika Aufenthalt sein, aber trotzdem finde ich es schade, dass ich jetzt schon gehen muss. Nichtsdestotrotz ich bin echt glücklich, die Möglichkeit gehabt zu haben, ein Jahr hier zu sein. Ich habe so unheimlich viel gelernt. Manches davon lässt sich gar nicht in Worte fassen, weil es zu komplex ist, sodass ich gar nicht wüsste, wie ich es beschreiben sollte. Ich weiß das echt zu schätzen und bin auch jedem extrem dankbar, der mir das ermöglicht hat.

Letztes Bild vom Waisenhaus
Warum ich so verschlafen aussehe? Weil ich geschlafen
habe, bis die neue Kamera getestet werden musste :D
Überraschungsbesuch von Riza,
Sarah und der "schwangeren" Julie :)
Jo der Süße <333
Der ist ein echtes Energiebündel! Immer in Bewegung sein
<3 !

Und nun, falls das im ganzen Abschiedsgerede ein bisschen unter gegangen ist: natürlich bin ich traurig, gehen zu müssen. Aber ich freue mich auch riesig auf all meine Leute in Deutschland. Es hat sich ganz schön viel verändert das Jahr über... mein KLEINER Bruder hat seit Neuestem eine Freundin, mein großer Bruder geht nach Frankreich und die zwei ganz kleinen werden mit Sicherheit auch gar nicht mehr so klein sein. Tja, die Zeit vergeht.

Ghana, I will miss you! 

Wenn ich Ghana in einem Satz beschreiben müsste, würde ich auf ein Zitat von Jonas Jonasson zurück greifen: Es ist, wie es ist, und es kommt, wie es kommt. Das beschreibt es eigentlich ziemlich genau. :)

Nunja. Das war es wohl erstmal. Dies ist zwar noch nicht der letzte Blogeintrag, aber der Vorletzte. Wenn ich in Deutschland bin will ich mich noch einmal zu Wort melden und dann diesen Blog zu Ruhe legen.

Goodbye. goodbye
Auf Wiedersehen
Oh, es war schön
Doch ich [muss jetzt] gehn' ²

Bis in ein paar Tagen,
Eure Ama :)


² Auszug Songtext von Nena ,,Abschied", 1989